Das jüdische Gräberfeld auf dem Dortmunder Hauptfriedhof

Am 16. Juli 1921 wurde das jüdische Gräberfeld des Dortmunder Hauptfriedhofs eröffnet. Schon bei einem Besuch im März des Jahres hatten sich Rabbiner Dr. Benno Jacob und Vertreter der jüdischen Gemeinde der Stadt begeistert über den neuen Friedhof gezeigt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeichnete sich ab, dass sämtliche Friedhöfe Dortmunds auf Grund des rasanten Bevölkerungswachstums in absehbarer Zeit an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen würden. Die jüdische Gemeinde hatte ihre Verstorbenen über Jahrzehnte auf einem Friedhof am Westentotenhof beigesetzt, bevor dieser in den 1880er Jahren seine Vollbelegung erreichte und geschlossen wurde. Auch der Ostfriedhof, auf dem 1885 die erste Bestattung auf dem jüdischen Gräberfeld durchgeführt worden war, bot auf lange Sicht keinen ausreichenden Platz mehr.

Im Jahre 1912 fasste man den Beschluss zur Anlage eines Hauptfriedhofs, auf dem für die Verstorbenen jüdischen Glaubens ein gesondertes Gräberfeld vorgesehen war. Dieses wurde abseits des christlichen Bereichs westlich des Rennwegs geplant. Für den neuen Friedhof wurde der nahegelegenen Pferderennbahn aber auch den umliegenden Bauern Felder und Grundstücke abgekauft.

Die Arbeiten verzögerten sich durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erheblich. So lobte die Stadt erst 1919 einen Wettbewerb für die Gestaltung des Friedhofs aus. Für den jüdischen Friedhofsbereich waren nur Grünanlagen vorgesehen, Bauten waren vorerst nicht geplant. Der parkähnliche Charakter mit dem Ziel, Dortmunder*innen auch Erholungsmöglichkeiten im Grünen zu bieten, stand bei allen Teilen des Friedhofs im Vordergrund.

Die ältesten Bereiche des jüdischen Gräberfeldes am Rennweg befinden sich rechts und links des Weges vom Eingangstor in Richtung Westen. In symmetrischer Anordnung wurden vier Bereiche für Einzelgräber angelegt, die von Familiengruften umgeben sind. Hier sieht man unter anderem das Grab der Familie Heumann, das von dem renommierten Bildhauer Leopold Fleischhacker gestaltet wurde. Auch Siegfried Heimberg, Überlebender der Shoa und maßgeblich für die Neugründung der jüdischen Gemeinde Dortmunds nach Ende der NS-Zeit verantwortlich, fand hier seine letzte Ruhestätte.

An die Verbrechen der NS-Zeit erinnert das in unmittelbarer Umgebung der in den 1960er Jahren erbauten Trauerhalle liegende Ehrenfeld. Darauf steht ein Gedenkstein für Opfer der Pogromnacht aus Dortmund, Lünen und Borghorst und den folgenden Schreckensjahren. Die Urnen dreier Männer aus Lünen, ermordet während der Pogromnacht, und zweier aus Borghorst, ermordet in Konzentrationslagern, waren zunächst an willkürlichen Stellen des Friedhofs beigesetzt worden, bevor 1962 das Ehrenfeld entstand, auf dem die Urnen dieser Männer und die zwölf Dortmunder, die in Konzentrationslagern ermordet worden waren, zusammengeführt wurden.


Auf dem Friedhof am Rennweg erinnern außerdem drei Ehrenmale an über 6.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus ehemaligen Sowjetrepubliken, Polen und dem ehemaligen Jugoslawien, die in Dortmund durch unmenschliche Lebens- und Arbeitsbedingungen in den 1940er Jahren zu Tode kamen. Man hatte sie in Massengräbern auf diesem Friedhofsteil verscharrt.

Wendet man sich vom Eingang in Richtung Norden, erreicht man den Teil des Friedhofs, der in heutiger Zeit belegt wird. Es ist das einzige Gräberfeld Dortmunds, auf dem Verstorbene jüdischen Glaubens heute bestattet werden.

Dr. Katharina Hülscher
2022