Der jüdische Friedhof Hörde

Der Friedhof der jüdischen Gemeinde Hörde hat eine wechselvolle Geschichte. Das 1911 geweihte Gräberfeld am Hörder Kampweg hatte zwei Vorgängerfriedhöfe.

Vermutlich existierte schon in den 1740er Jahren ein erster jüdischer Friedhof an der Emscher, nahe der heutigen Straße Seekante vor dem ehemaligen Mühlentor. Die Gemeinde zahlte für den Friedhof jährlich einen Taler an die Hörder Stadtkasse. Als zu Beginn der 1780er Jahre in unmittelbarer Nähe des Friedhofs ein Torschreiberhaus errichtet werden sollte, protestierte die Gemeinde dagegen. Nach einigen Verhandlungen wurden die Pläne geändert und das Torschreiberhaus in größerer Entfernung zum Friedhof gebaut.

Ehemaliger jüdischer Friedhof Hörde (Foto Ulrich Baringhorst)

Die wachsende Hörder Gemeinde benötigte zunehmend mehr Raum für ihre Verstorbenen und so wurde der Friedhof 1814 erweitert. 1887 jedoch sollten dort „aus Gesundheits-Rücksichten (derselbe liegt inmitten der Häuser) fernerhin keine Beerdigungen mehr stattfinden“, wie der Dortmunder Zeitung vom 15 Mai 1887 zu entnehmen ist.
Nachdem der Friedhof an der Seekante geschlossen worden war, bestand er noch 30 weitere Jahre ohne neue Beisetzungen. 1913 begingen Schuljungen auf dem Friedhofsgelände Vandalismus und Grabschändung. 1917 musste der alte Friedhof der neuen Emscherpromenade weichen. Die Bestatteten wurden auf den Friedhof am Hörder Kampweg überführt und die jüdische Gemeinde erhielt eine Ausgleichszahlung.

Ein neuer Begräbnisplatz

 

Nach Schließung des Friedhofs an der Seekante 1887 erhielt die jüdische Gemeinde einen neuen Begräbnisplatz, der an den evangelischen Friedhof nahe dem alten Betriebsgelände der Zeche Bickefeld grenzte. Als eingefriedeter Platz mit freundlichem Aussehen, so beschrieben Zeitgenossen den neuen Friedhof.
Detailliert berichtete die Dortmunder Zeitung vom 29. November 1887 über die erste Bestattung auf dem neuen „Israelitischen Totenhof“: „Unter großer Teilnahme aus allen Bevölkerungsschichten, der Spitzen der städtischen und Kreisbehörden, der freiwilligen Feuerwehr mit Trauermusik, sowie der Handwerks-Innung mit dem Vereinsbanner, wurde gestern die sterbliche Hülle des städtischen Spritzenmeisters und 2. Chefs der Feuerwehr, des Herrn Sattlermeisters A. V. Sieger, auf dem neuen Totenhof im Bickefelde zu Grabe getragen. Der Verstorbene war wegen seiner langjährigen Thätigkeit im Dienste des Lösch- und Rettungswesens noch vor kurzen mit dem allgemeinen Ehrenzeichen dekoriert worden. Gleichzeitig mit der Bestattung der ersten Leiche auf dem neuen israelischen Friedhof wurde die Einweihung des letzteren vorgenommen.“
Doch die expandierende, in unmittelbarer Nähe gelegene Hermannshütte (Phönix-Werk) kam sowohl dem jüdischen als auch dem evangelischen Friedhof immer näher und die jüdische Gemeinde sah sich nach einem neuen Friedhof um.

1911 bemühte sich der Kaufmann Julius Udewald für den Vorstand der Hörder Synagogengemeinde um ein neues Friedhofs-Grundstück. Das wurde in Benninghofen an der südlichen Hörder Stadtgrenze gefunden.
Am 18. Dezember 1911 weihte der Lehrer Isidor Stern den neuen Friedhof. Stern war länger als 30 Jahre in der Hörder Gemeinde auch als Prediger und Seelsorger der Gemeinde tätig und hatte bereits den Friedhof am Bickefeld geweiht.
Auf dem Friedhof befand sich auch eine Trauerhalle, über die heute nicht mehr viel bekannt ist.
Als 1925 der Friedhof am Bickefeld dem Hüttenwerk weichen musste und überbaut wurde, wurden die Gebeine der Verstorbenen auf den neuen Friedhof umgebettet. Einige der Grabsteine des Friedhofs an der Seekante und des Friedhofs im Bickefeld fanden auch auf dem Neuen Platz.
1931 beklagte die Friedhofsverwaltung „Unfugtreiben auf dem jüdischen Friedhof […] Junge Burschen überklettern das Tor […] Das Torschloß wurde, nachdem es erst vor drei Wochen erneuert worden war, jetzt wieder zerstört.“, wie das Hörder Volksblatt vom 20. März 1931 schreibt.
Während der NS-Zeit kam es auch auf dem Hörder Friedhof zu massiven Zerstörungen und Schändungen. Inschriften auf Grabsteinen wurden unkenntlich gemacht, Grabsteine umgeworfen. Die Trauerhalle diente als Luftschutzbunker und das gesamte Friedhofsgelände wurde schließlich als Gartenland verwendet. 1942 wurden 16 Verstorbene aus Lüdinghausen (Münsterland) aufgrund nationalsozialistischer Anweisung willkürlich auf den Hörder Friedhof umgebettet.

Nach 1945 wurde der Friedhof in Teilen wieder hergerichtet, die Trauerhalle jedoch nicht wieder aufgebaut. Seit 1967 ist der Friedhof offiziell geschlossen.
Etwa 90 Grabsteine existieren heute noch. Der älteste stammt aus dem Jahre 1779, der jüngste kennzeichnet das Grab des Rechtsanwalts und Notars Dr. Jakob Koppel, der 1952 in Hörde verstarb.

Dr. Katharina Hülscher
Februar 2022

Quellen & Literatur:

Dortmunder Zeitung, 15. Mai 1887, Nr. 132, Zweites Blatt.
Dortmunder Zeitung, 19. Dezember 1911, Nr. 644, Zweites Blatt, Morgen-Ausgabe.
Dortmunder Zeitung, 19. Dezember.1913, Nr. 644, Zweites Blatt, Morgen-Ausgabe.
Dortmunder Zeitung, 11. Juni 1913, Nr. 291, Abend-Ausgabe.
Dortmunder Zeitung, 3. Juni.1917, Nr. 331, Abend-Ausgabe.
Hörder Volksblatt, 11. Juni 1913, Nr. 160 Erstes Blatt.
Hörder Volksblatt, 20. März 1931, Nr. 67, Erstes Blatt.

Pracht-Jörns, Elfi: Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Teil V: Regierungsbezirk Arnsberg, Köln 2005.
Art.: Dr. jur. Jakob Koppel, in: Das Schicksal der jüdischen Rechtsanwälte und Notare während der Zeit des Nationalsozialismus – Am Beispiel Dortmund (o.D.), S. 29-31.
Art.: Dortmund-Hörde, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Arnsberg, Münster 2021, S. 296-303.
Epigraphische Datenbank des Steinheim-Instituts: Dortmund-Hörde, online http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=hoe-52#e
Art.: Hörde, auf: Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, online: https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/h-j/951-hoerde-nordrhein-westfalen