Joseph Lion

Joseph Lion wurde am 15. September 1857 in Bochum geboren. Er war ein Sohn des Handelsmanns Wilhelm Lion und seiner Ehefrau Male geb. Meier.

Joseph Lion eröffnete am 17. November 1878 im Haus Brückstraße 7 auf zwei Etagen ein „grosses Etablissement eleganter fertiger Herren- und Knaben-Garderobe“. Unter der Leitung zweier Zuschneider wurden auch Anfertigungen nach Maß ausgeführt. Zu diesem Zweck besaß das Geschäft ein „großartiges Lager“ an Stoffen. Aus dem Eröffnungsinserat geht hervor, dass Joseph Lion an der Bongardstraße 8 und der Brückstraße 14 in Bochum sowie am Markt in Mühlheim an der Ruhr ebenfalls Geschäftslokale dieser Art besaß.

Joseph Lion eröffnete am 17. November 1878 im Haus Brückstraße 7 auf zwei Etagen ein „grosses Etablissement eleganter fertiger Herren- und Knaben-Garderobe“. Unter der Leitung zweier Zuschneider wurden auch Anfertigungen nach Maß ausgeführt. Zu diesem Zweck besaß das Geschäft ein „großartiges Lager“ an Stoffen. Aus dem Eröffnungsinserat geht hervor, dass Joseph Lion an der Bongardstraße 8 und der Brückstraße 14 in Bochum sowie am Markt in Mühlheim an der Ruhr ebenfalls Geschäftslokale dieser Art besaß.

Joseph Lion wurde im Laufe seines Lebens mehrfach Opfer antisemitischer Hetze. Im März 1883 erschien in der antisemitischen Zeitung „Westfälische Reform“ ein gegen ihn gerichteter Schmäh-Artikel, der sich gegen die Preise seiner Ware und gegen seine angeblich schlechten Deutschkenntnisse richtete. Lion wehrte sich dagegen durch die Veröffentlichung einer Erklärung, in der er bemerkte, dass er die Angelegenheit gerichtlich klären lassen wolle.

Im Laufe des Sommers 1883 verlegte Lion sein Geschäft vom Hause Brückstraße 7 auf die andere Straßenseite in das Haus Brückstraße 8. Wohl um den Umzug zu vereinfachen, ließ er durch einen Auktionator sowohl überflüssig gewordene Möbel als auch Herren- und Knabenanzüge, Hosen, Tuche und weitere Waren versteigern.

Wenige Wochen später, im August 1883 brach nachts ein Feuer in Lions neuem Ladenlokal aus. Die Feuerwehr konnte den Brand rasch unter Kontrolle bringen. Trotz der nächtlichen Stunde hatte sich „eine große Menschenmenge eingefunden, welche die Gelegenheit wahrnahm, einen antisemitischen Skandal zu provoziren.“ Ein anwesender Polizeikommissar verhaftete die drei ärgsten Randalierer. Joseph Lion bedankte sich einige Tage nach dem Brand mittels eines Zeitungsinserats bei den Feuerwehrleuten, Nachbarn, Bekannten und Bürgern für die rasche und tatkräftige Hilfe. An sechs aufeinanderfolgenden Tagen ließ er Artikel, die bei dem Brand beschädigt worden waren, durch einen Gerichtsvollzieher verkaufen. Anschließend blieb sein Geschäft noch einige Tage geschlossen.
Im Jahre 1886 erschien erstmals ein Werbeinserat der Firma J. Lion en gros /en detail, durch das auf die Anfertigung der zum Verkauf angebotenen Herren- und Knaben-Garderoben in einer eigenen Fabrik in Berlin, Spandauer Brücke 1, hingewiesen wurde. Wie der Dortmunder Kaufmann Inhaber oder Teilhaber einer Kleiderfabrik in Berlin geworden war, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.
Das Dortmunder Schöffengericht befasste sich am 21. September 1887 mit einem Vorfall, der sich im Februar des Jahres ereignet hatte: Mehrere junge Männer, die den Abend in einer Wirtschaft verbracht hatten, versammelten sich gegen Mitternacht vor dem Lion’schen Haus an der Brückstraße und gerieten mit Lion und zwei weiteren Männern, die sich an der Haustür aufhielten, in Streit. Es wurde „Juden raus“ und „Kauft nicht bei Juden“ gerufen, und es kam zu einer Schlägerei, bei der verschiedene Personen Verletzungen erlitten. Nach Anhörung aller Seiten vertagte sich das Gericht, weil die Aussagen zu widersprüchlich waren; es sollten noch weitere Zeugen gehört werden. Wie die Sache schließlich entschieden wurde, ist unbekannt.
Im Frühjahr 1891 kaufte Joseph Lion kaufte von dem Kaufmann Heinrich Schäffer für 130.000 Mark das Haus Brückstraße 26. Im Sommer des Jahres inserierte er mehrfach, dass er das Haus mit zwei Ladenlokalen und Wohnungen ganz oder geteilt vermieten wolle. Im August 1894 hieß es dann, dass Kaufmann Lion die Besitzung durch den Architekten Keim zu einem großen Geschäftshaus umbauen ließ. In dem „neuen Prachtbau“ sollten zwei Läden übereinander liegen. Beide seien bereits „zu hohen Preisen“ an eine Manufaktur-Firma vermietet, die zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal in Dortmund ansässig gewesen war.
Im Jahre 1902 erwarb Lion von dem Rechtsanwalt Blumenthal das in der Nähe von Amts- und Landgericht gelegene Haus Saarbrücker Straße 6 für 80.000 Mark. Die „hochherrschaftliche 2. Etage“ aus sechs großen Räumen, Küche mit Speisekammer, Badezimmer, Wintergarten, Veranda, elektrischem Licht und Gasheizung bot er kurz darauf zur Miete an. Anfang 1903 konnte Joseph Lion auch das erst kurz zuvor umgebaute Haus Kaiserstraße 22 von dem Rechtsanwalt und Notar Schüler kaufen. Der Kaufpreis für dieses Haus betrug 105.000 Mark.
Zum 1. Januar 1895 war der Kaufmann Albert Stern als Gesellschafter in Lions Handelsgeschäft eingetreten. 1910 zog sich Joseph Lion dann aus dem von ihm gegründeten Geschäft zurück. So wurde Albert Stern alleiniger Gesellschafter. Er führte das Geschäft unter unveränderter Firma als Einzelkaufmann fort.
Joseph Lion stand im Kriegsjahr 1918 in Diensten der Frankfurter Allgemeine Versicherungs-Aktien-Gesellschaft. Weitere Hinweise auf diese Tätigkeit fehlen.
Den Eheleuten Lion wurden mehrere Kinder geboren. Zeitungsanzeigen berichten von der Geburt
1.eines Mädchens am 1. Dezember 1881,
2.eines Jungen am 3. Juni 1884,
3.eines Jungen am 17. Juli 1885 in Berlin,
4.eines Jungen im August 1887 sowie
5.eines Mädchens am 19. Februar 1890. Diese Tochter, Elsbeth, starb im Alter von drei Jahren.
Friederike Lion geb. Oppenheimer war die Mutter der ersten drei Kinder. Ende 1886 heiratete Joseph Lion ein zweites Mal und zwar Minna geb. Leffmann aus Münster. Zu den Söhnen gehörten der Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Wilhelm Lion und der Hals-, Nasen- und Ohrenarzt Dr. med. Hans Lion.
Joseph Lion engagierte sich bei der Wiederherstellung des alten Rathauses, den Bau des Stadttheaters und des Naturwissenschaftlichen Museums. 1894 war er Schöffe am Dortmunder Amtsgericht und Mitbegründer des Schutzvereins für Handel und Gewerbe, dessen Ziel die Bekämpfung schädlicher Auswüchse im Handelswesen war.
Innerhalb der jüdischen Gemeinde übernahm Joseph Lion das Amt eines Repräsentanten der israelitischen Schule, in das er im September 1901 gewählt wurde.
Joseph Lion starb nach kurzer Krankheit im 71. Lebensjahr am 19. August 1928 in seinem Haus Saarbrücker Straße 6. Ein Sonderwagen der Straßenbahn wurde ab dem Hotel Römischer Kaiser eingesetzt, um die Trauergäste zum Hauptfriedhof zu fahren. Das Grab von Josef Lion befindet sich auf dem Hauptfriedhof am Rennweg. Sein Grabmal besteht aus einer schlichten 1,67 Meter hohen Säule mit quadratischem Grundriss. Die Kantenlänge misst 38 cm. Bekrönt wird die Säule von einer stilisierten Blüte aus Metall, die 68 cm hoch ist. Somit erreicht das Grabmal eine Gesamthöhe von 2,35 Metern.
Kurz vor dem Tode des Gründers wurde das Herrenbekleidungsgeschäft J. Lion, nachdem es fünfzig Jahre lang an der Brückstraße ansässig gewesen war, in das Haus Münsterstraße 40 verlegt, weil das alte Haus der Erweiterung der I. Kampstraße weichen musste. Ein Plakat, das an der Giebelwand des Hauses Brückstraße 12 angebracht war, sollte auf die Geschäftsverlegung hinweisen. Anfang Juli 1928 wurde das Plakat von Unbekannten heruntergerissen. Kaum hatte man es erneuert, wurde es wieder zerstört. Die Firma J. Lion setzte eine Belohnung aus für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen würden.
Im Haus Münsterstraße 40 sollte dem Geschäft keine erfolgreiche Fortsetzung der langen Tradition gelingen. Am 26. April 1929 wurde ein Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses eröffnet, bei dem der Kaufmann Arthur Rosenberg als Vertrauensperson eingesetzt wurde. Das Vergleichsverfahren wurde am 15. Mai 1929 nach Bestätigung des Vergleichs aufgehoben. Im September des Jahres gingen Geschäft und Firma J. Lion an den Kaufmann Sally Studzinski über. Der neue Gesellschaftsvertrag wurde am 29. September 1929 geschlossen. Das Stammkapital betrug 21.000 RM. Neben Studzinski gab es mit Marianne Schreier eine weitere Gesellschafterin. Diese wurde etwa ein Jahr später zur Liquidatorin ernannt, denn die Gesellschafterversammlung hatte beschlossen, das Unternehmen per 15. September 1930 aufzulösen.