„…wo jedoch Sabbath und an den jüdischen Feiertagen nicht gearbeitet wird…“

„Ein Mädchen, mosaischer Religion, die das Putzgeschäft gründlich erlernt, und schon mehrere Jahre einem solchen Geschäfte selbstständig vorgestanden hat, wünscht Verhältnisse halber eine Stelle in einem ähnlichen größeren Geschäfte unter annehmbaren Bedingungen zu übernehmen, wo jedoch Sabbath und an den jüdischen Feiertagen nicht gearbeitet wird…“
Dieses Stellengesuch findet sich in der Zeitung des Judenthums vom 22. Juni 1857.

Ganz diesem Wunsch entsprechend wäre wohl die Arbeitsstelle bei Leeser Bamberger in „Hörde bei Dortmund“ ausgefallen – hätte die Inserentin in Hörde gesucht und es sich bei Bambergers Geschäft um ein Putzmachergeschäft gehandelt. Leeser Bamberger sucht indes in der gleichen Zeitschrift eine tüchtige männliche Arbeitskraft und umwirbt mit folgenden Worten potenzielle Angestellte: „Für mein Manufactur-Geschäft en détail suche ich einen mit guten Zeugnissen versehenen jungen Mann jüdischen Glaubens, der in zwei bis drei Monaten eintreten kann. Am Sabbath und an Festtagen ist mein Geschäft geschlossen…“

Schon Kaiser Honorius, der in den Jahren 395 bis 423 herrschte, bestätigte, dass Juden am Sabbat und an jüdischen Feiertagen von körperlicher Arbeit, öffentlichen Diensten und von Gerichtsterminen ausgenommen seien. Wie auch das Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit im Christentum ist der Arbeitsverzicht an Sabbat und an jüdischen Feiertagen mit göttlichen Vorschriften begründet: Sechs Tage der Woche ist es erlaubt zu arbeiten, doch der siebte Tag ist der, der Gott geweiht ist und an dem man ruhen soll. Gott selbst ruhte auch am siebten Tag nach Erschaffung der Welt. Nicht nur der Herr des Hauses solle an diesem Tage keine Arbeit tun, gleiches gilt auch für die Familie und alle Sklaven und Knechte (Dtn 5,12-14).

Zahlreiche Anzeigen jüdischer Geschäftsinhaber in den Zeitungen der Stadt Dortmund sowie der umliegenden, heute zu Dortmund gehörenden Ortschaften zeugen davon, dass sich jüdische Geschäftsinhaber an diese Vorschriften hielten. Gewöhnlich informierte jeder Kaufmann die Kundschaft über die Schließung, doch man tat sich auch mit Geschäftskollegen zusammen, um eine Anzeige zu schalten. So inseriert Geflügelhändler Benjamin ten Brink in einer Einzelanzeige, dass er am 17. September 1898, dem Feiertag Rosch ha Shana geschlossen habe. Für denselben Feiertag, der 1924 auf den 29. September fiel, schalteten die jüdischen Geschäftsinhaber aus Hörde eine gemeinsame Anzeige. Anzeigen für Geschäftsschließungen am Sabbat sieht man indes nur selten. Dies mag einerseits damit zusammenhängen, dass es für die Mehrheitsgesellschaft ganz selbstverständlich war, dass Geschäfte jüdischer Inhaber am Sabbat geschlossen waren. Andererseits war es ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für immer mehr Juden selbstverständlich, das Geschäft auch am Sabbat zu öffnen, wie auch jüdische Kinder samstags die Schule besuchten.

Quellen und Literatur

Zeitung des Judenthums. Ein unparteiisches Organ für alles jüdische Interesse, 22.6.1857.
Hörder Volksblatt, 26. September 1924.
Dortmunder Zeitung, 16. September 1898.
Deuteronomium/5.Mose, Einheitsübersetzung 2016.

Online-Version: https://www.bibleserver.com/EU/5.Mose5%2C12-15 Jüdisches Leben in Deutschland. Informationen zur politischen Bildung Nr. 307, Bonn 2012.