Der ehemalige Friedhof in Brackel

Der kleine jüdische Friedhof von Brackel lag im spitzen Winkel der Einmündung der Straße Breierspfad in den Brackeler Hellweg. Er existierte schon in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, obwohl die damalige jüdische Bevölkerung Brackels sehr gering war. 1812 lebte hier lediglich eine dreiköpfige Familie, bis 1816 zog ein Ehepaar hinzu.

Doch die Katasterunterlagen belegen unzweifelhaft die frühe Existenz des Friedhofs. In dem Stückvermessungshandriss Brackel aus dem Jahre 1827 wurde er bereits eingezeichnet. Auch gibt es im Güterverzeichnis der Gemeinde Brackel, Bürgermeisterei Hörde, einen Bogen über den Grundbesitz der „Israeliten Gemeinde“ (ohne weiteren Zusatz). Als einzige der Gemeinde gehörende Immobilie ist hier die Parzelle Flur II Nr. 174 mit der Gattung Kirchhof eingetragen. Sie umfasste 10 Ruten 56 Fuß preußisches Maß. Moses Isack, Michel Koppel und David Isack bestätigten die Richtigkeit dieser Angaben am 19. Juni 1829 mit ihrer Unterschrift.

 

Aus dem Februar 1855 stammt eine Zeitungsmeldung über eine Grabschändung auf dem israelitischen Todtenhofe bei Brackel: Das Grab eines Kindes, das an dem Tag bestattet worden war, wurde in der Nacht geöffnet  und das Leichentuch geraubt.

Ein Verzeichnis über die Bestattungen auf dem Friedhof am Hellweg gibt es nicht. Das Ausmaß seiner Belegung ist heute vollkommen unklar. Bekannt ist lediglich, dass bis 1890 auch die verstorbenen Juden aus Wickede auf dem Friedhof in Brackel bestattet wurden; danach besaßen die Wickeder einen eigenen Friedhof.

 

Zu den wenigen überlieferten Zeugnissen gehören drei 1926 entstandene Fotos, ein vom städtischen Garten- und Friedhofsamt im August 1926 angefertigter Lageplan und Notizen des damaligen Garten- und Friedhofsdirektor Nose. Fotos und Plan zeigen insgesamt sechs Gräber und Grabsteine, die verstreut auf der kleinen Friedhofsfläche stehen. Die Notizen des Garten- und Friedhofsdirektors betreffen die Umbettung der Leichen solcher Gräber, „deren Ruhefrist noch nicht abgelaufen war“ zum jüdischen Teil des Hauptfriedhofs, der 1922 in Benutzung genommen worden war.

 

Die Aufhebung des Friedhofs war der damaligen Presse keine Nachricht wert. Weder die lokalen noch die jüdischen Zeitungen brachten dazu eine Meldung.

Klaus Winter

24.05.2023